Mikroskop Scanner und Digitalisierung – Technik

Der Wunsch nach der eigenen Plattform für digitale Pathologie, digitale Hämatologie, etc!

Viele Universitäten und andere Institutionen haben den Wunsch, eine eigene Plattform für virtuelle Präparate z. B. als digitale Pathologie oder digitale Histologie zu betreiben. Oft ist schon ein schöner Präparatefundus vorhanden, aus dem die Lehre zusammengestellt werden kann und häufig auch schon in Kursen genutzt wird. Mit den ersten Fragen nach „Wie scannen?“, „Wie in das Internet stellen?“ stoßen der  beauftragte Wissenschaftler oder der IT-Verantwortliche bei einem solchen Vorhaben jedoch an technische und logistische Grenzen. Wichtig ist zu Beginn eine gründliche Planung, die nicht nur die Technik und Qualität, sondern auch Kosten, zu bedienende Geräte und Verfügbarkeit einbeziehen sollte. Im Folgenden gehen wir auf die gängigsten Probleme ein und stellen Lösungsansätze dar.

Herausforderungen der virtuellen Mikroskopie – Mikroskop Scanner

Digitalisieren der Präparate

Am Anfang für ein System für virtuelle Mikroskopie steht die Präparatesammlung (hier: mikroskopische Objektträger), die in allen Universitäten und vielen Insituten bereits zu Lehrzwecken zur Verfügung steht. Es ist wichtig, bei der Auswahl der Präparate zum Scannen keine Abstriche bei der Qualität zu machen, da diese unter viel Aufwand eingescannt und für die virtuelle Mikroskopie aufbereitet werden müssen, z. B. durch das aufwändige Schreiben und Setzen von Annotationen. Auf der positiven Gegenseite steht dafür ein virtuelles Präparat, das – wenn einmal perfekt gewählt – nie wieder bearbeitet oder ersetzt werden muss.

Zunächst muss klar sein, was man erhält, wenn man von der Digitalisierung eines Präparates spricht. Das Ergebnis eines Präparatescans ist ein digitales Bild wie jene, die wir aus heutigen digitalen Kameras bzw. von Foto-fähigen Smartphones erhalten. Der Unterschied zwischen einem mikroskopischen Präparatescan und einem Foto ist jedoch die Auflösung: heutige digitale Fotoapparate reichen mit der Auflösung bis 36 Megapixel (MP), z. B. die Nikon D800, während ein unter einem 40er Objektiv (400-fache Vergrößerung) mikroskopisch eingescannter Standard-Objektträger schnell 10 Gigapixel (GP) erreicht.

36 Megapixel setzen sich z. B. aus 12.000 x 3.000 Bildpunkten (=Pixel) zusammen. Eine komprimierte Fotodatei mit 36 MP ist ca. 5-10 MB groß. 10 Gigapixel hingegen sind das Produkt aus 100.000 x 100.000 Bildpunkten. Eine solche Datei ist komprimiert ca. 1 GB groß.

Fotos werden heutzutage meistens komprimiert gespeichert und übertragen. Das populärste Format ist das JPEG-Format. Leider unterstützt das normale JPEG-Format nur Bildgrößen bis 64.000×64.000 Pixeln, so dass bei mikroskopisch gescannten Bildern andere Formate (JPEG2000, TIFF, etc) verwendet werden müssen.

Die mikroskopischen Scans werden typischerweise in sogenannten „Bildpyramiden“ gespeichert. Hierbei wird nicht nur das hochauflösende Bild in der Datei gespeichert, sondern auch jeweils verkleinerte Versionen des Bildes (ähnlich einer Pyramide), um später eine schnelle Darstellung ohne Neuberechnung zu ermöglichen. Das folgende Bild zeigt ein Beispiel für eine Bild-Pyramide (meistens „TIF-Pyramide“), in der jede kleinere Fläche jeweils ein Viertel (Seiten: jeweils die Hälfte) der vorherigen Fläche ist. Die meisten Hersteller von Mikroskop-Scannern folgen diesem Algorithmus mit Ausnahmen.

Mikroskop Scanner - Eine Bildpyramide

Virtuelle Mikroskopie – Eine Bildpyramide, digitalisiert mit einem Mikroskop Scanner

Um Präparate zu digitalisieren, ist es derzeit nicht möglich, diese einfach auf einen Flachbett-Scanner zu legen und einzulesen. Stattdessen gibt es folgende Möglichkeiten:

    1. Kauf eines Mikroskop Scanner

      Mikroskop Scanner (synonym Slide-Scanner) werden derzeit von mehreren Firmen kommerziell angeboten. Die Preise sind teilweise hoch (ca. € 100.000 und mehr), z. B. von Hamamatsu, Zeiss, 3DHistech, Leica, Aperio (2012 von Leica übernommen). Diese Scanner werden mit sogenannten „Slide Loadern“ geliefert, mit denen man teilweise Hunderte von Objektträgern gleichzeitig laden kann, welche dann nacheinander abgearbeitet werden. Ein Scan von einem Objektträger in 20x beträgt ca. 2 – 5 Minuten, je nach Scanner. Die Mikroskop Scanner haben unterschiedliche Scanqualität und sollten in jedem Fall vor einer Anschaffung ausgiebig hinsichtlich der gewünschten Anforderungen getestet werden. Es gibt einen Scanner-Hersteller, der ein sehr preiswertes System anbietet, jedoch mit einer nicht sehr hohen Auflösung (Histology Scanner). Mittlerweile gibt es die Möglichkeit, ganze Präparate manuell zu scannen. Dies ist am eigenen Mikroskop mit einer speziellen Software in exzellenter Qualität möglich. Ein Beispiel hierfür ist PathoZoom Scan, das schon für unter €10.000 zu kaufen ist.

      Die meisten dieser Mikroskop Scanner Systeme werden mit einer geschlossenen Software verkauft, welche hauptsächlich die eigenen Bildformate lesen können. Die meisten Mikroskop Scanner sind daher hinsichtlich Ihrer Bildformate zueinander inkompatibel. So basieren im Prinzip alle Bildformate der Scannerhersteller auf der oben genannten Bildpyramide, allerdings muss man oft den Weg des Bildexports in ein offenes Format wählen, um zwischen System austauschen zu können. Bis auf das TIF-Format gibt es bislang keinen gemeinsamen Bildstandard, oft zum Nachteil der Wissenschaftler, die untereinander virtuelle Präparate austauschen möchten (z. B. bei der ePathology). Es sollte also vor Erwerb eines Mikroskop Scanners auch darauf geachtet werden, dass man die Bilder in gängigere Formate (JPEG2000, TIFF) exportieren kann, um seine „Virtual Slidebox“, also den virtuellen Präparatekasten auch in Zukunft mit anderen Geräten und Programmen erweitern und bearbeiten zu können. In jedem Fall sollte man also vor dem Kauf die Geräte zunächst mit eigenen Präparaten auf ihre Qualität und auf die Anforderungen testen. Es ist zudem nicht unwahrscheinlich, dass durch die Weiterentwicklung der Technik sowie Erhöhung der Stückzahlen die Preise der Mikroskop Scanner deutlich fallen werden.

      Bildformate verschiedener Hersteller

      Hersteller Bildformat
      Hamamatsu .vms, .vmu, .ndpi
      Trestle .tif
      Leica .scn
      Aperio .svs
      3DHistech .mrxs
      Zeiss .czi
    2. Präparate bei Dienstleister scannen lassen

      Es gibt einige Dienstleister, die Objektträger als Service scannen. Universitätsmitarbeiter sollten ihre Kontakt-Netzwerke nutzen, um ggf. eine Universität zu finden, die für wenig Geld Objektträger scannt. Ansonsten bieten manche kommerzielle Firmen das Scannen an wie auch die Scannerhersteller selbst. In jedem Fall sollte man sich vorher informieren, welches Bildformat von dem Dienstleister geliefert wird und ob man dieses Bildformat in ein eigenes System integrieren kann.

    3. Präparate abschnittsweise durch ein Mikroskop fotografieren

      Diese Möglichkeit empfiehlt sich nur für Präparate, von denen man nur eine kleine Fläche erfassen möchte. Bei dem Verfahren fotografiert man mit einer geeigneten Digitalkamera, welche auf ein Mikroskop aufgesetzt ist jeweils ein Bild, fährt dann horizontal weiter, fertigt ein überlappendes Foto an und bewegt den Bildausschnitt je nach angepeilter Fläche später noch vertikal in entsprechendem Zickzack-Muster. Hierzu folgende Abbildung:

Mikroskop Scanner - Bewegungsmuster zur Erfassung eines Präparates

Abbildung 4: Das Bild zeigt das Bewegungsmuster, um durch mehrere Fotos ein Präparat zu erfassen ähnlich einem Mikroskop Scanner

  1. Nach dem Anfertigen der Fotos kann man entweder diese mühsam in einer Grafiksoftware zusammensetzen (Position vorher gut merken!), z. B. mit Adobe Photoshop oder mit der kostenlosen Software Gimp oder man versucht Microsoft ICE zu verwenden, eine kostenlose Software, die automatisch passende Bilder zu einem großen Bild zusammenfügt. Meistens funktioniert Microsoft ICE ganz gut, allerdings können schon leichte Aufnahmedifferenzen dazu führen, dass einzelne Bilder nicht richtig eingefügt werden, so dass schwarze Rechtecke im Gesamtbild stören. Weiterhin ist bei dieser experimentellen Software nicht an eine umfassende Funktionalität gedacht worden (z. B. ein weißer statt einem schwarzen Hintergrund). Nichtsdestotrotz gibt es einige Enthusiasten, die über diese Weise sehr schöne ausgewählte Präparate erstellt haben. Allerdings ist die Arbeitszeit pro Präparat teils sehr hoch (2-4 Stunden pro Präparat). Eine Alternative zu Microsoft ICE ist Hugin.

Darstellen der Präparate über eine Website

Zweck der virtuellen Mikroskopie ist die Darstellung der Präparate in digitalisierter Form also als ePathology, eHistology, eBiology, eHematology und so weiter. Das ist natürlich mit installierten Programmen der Gerätehersteller möglich, aber das Ziel – insbesondere in der Lehre – der virtuellen Mikroskopie ist jedoch die Darstellung der Bilder für ein großes Publikum. Daher sollte die virtuelle Mikroskopie folgende Anforderungen erfüllen:

  1. Schnelle Darstellung der Präparate
  2. Ortsunabhängiges Darstellen der Präparate
  3. Zeitliche Unabhängigkeit (Stichwort „365/24/7“) mit Ausfallschutz
  4. Darstellung auf allen Geräten
  5. Darstellung mit Beschriftungen (Annotationen) auf dem Präparat

Wenn man sich die Anforderungen ansieht, wird schnell klar, dass die einzig praktikable Lösung, bei der man alle Ziele erreicht, eine Internet-basierte, also eine Website ist. Insbesondere benötigt man einen (besser mehrere) Webserver, die einen ununterbrochenen Dienst gewährleisten können. In Zukunft sollte die Lehre also ein Cloud-Dienst werden.

Wie aber kann man eine Internetseite für virtuelle Mikroskopie erstellen? Zunächst einmal muss man sich über die Technik im Klaren werden. Aufgrund limitierter Bandbreite einer Internetverbindung kann kein Bild in Gigabyte-Größe vom Server geladen werden. Also bedient man sich heutzutage der Möglichkeit, die Bilder zu kacheln. Dabei wird jede Zoomstufe in meist 256×256 kleine Bilder zerlegt. Diese haben eine Größe von ca. 8-15 kB, je nach Inhalt.

Auf dem Server gibt es 2 Möglichkeiten, die Bilder zu lagern: 1. als originale Dateien, also eine Datei pro Präparat, so wie sie aus dem Scanner ausgegeben werden. Das hat den Vorteil, dass man nicht mit tausenden von kleinen Bilddateien (den Kacheln) zu tun hat, hat aber den Nachteil, dass der Server rechenintensive Operationen durchführen muss, nämlich um die Kacheln aus der Datei herauszulesen und zum Browser des Benutzers zu schicken.
2. kann die Bilddatei in kleine (üblicherweise 256×256 Pixel) Kacheln zerlegt werden, was den großen Vorteil hat, dass das Darstellen/Laden dieser Bilder sehr viel schneller geschieht. Der Nachteil ist die Masse der Dateien, die z. B. per FTP schwierig zu übertragen sind.

Weiterhin besteht das Problem, dass die Software vieler Mikroskop Scanner Hersteller die Originaldateien nicht in Kacheln zerlegen können. Die Bildformate sind meist nicht offen und können daher nicht frei umgewandelt werden.

Die Benutzer brauchen eine bequeme, schnelle Oberfläche, während der Administrator der virtuellen Mikroskopie ein komfortables „Administrations Panel“ erhalten sollte, auf dem er seine Annotationen – ebenfalls zeit-, ort- und auf jedem Gerät einfügen und ändern kann. Die Änderungen sollten zudem gleichzeitig für den Benutzer sichtbar werden, also nicht erst mühsam wieder hochgeladen und eingebunden werden.

Viele Mikroskop Scanner Hersteller setzen bei ihrer Software auf Lösungen, die „Flash“-Plugins, „Silverlight“-Plugins oder „Java“ einsetzen. Diese Lösungen lassen die heutigen Nutzergewohnheiten außer Acht. Insbesondere die Studenten von heute verlagern mehr und mehr ihre Tätigkeit auf die Apple-Geräte wie z. B. MacBooks, iPads. MacBooks unterstützen nicht das Windows-Silverlight-Format, iPads ignorieren weiterhin Flash-Plugins.

Die Lösung der Zukunft ist HTML5 in Kombination mit Javascript. Es gibt derzeit zwei Technologien, die die meisten Scannerformate unterstützen und in Browsern darstellen können: Smart Zoom und Zoomify. Smart Zoom ist auf Geräten von über 200.000 Menschen weltweit installiert und wurde in mehreren Apps eingesetzt. Die Entwickler von Smart Zoom, selbst Ärzte und Wissenschaftler haben sich die umfassende Lösung zur Lehre in der virtuellen Mikroskopie zum Ziel gesetzt.

Mobile Geräte

Wie bereits oben erwähnt, gilt heutzutage unter Entwicklern die Devise „mobile first“ – zu Recht! Es werden heutzutage weniger Fernseher, PCs und Spielekonsolen verkauft, weil die Menschen ihr digitales Leben mehr und mehr auf die mobilen Plattformen verlagern. Hersteller, die die mobilen Endgeräte ignorieren, werden bald von Kunden ignoriert werden. Wer nicht heute schon als Software-Anbieter für Lösungen der virtuellen Mikroskopie sowohl Android, Apple IOS und Windows Mobile bedient, wird in den nächsten Jahren zunehmend weniger Akzeptanz finden. Entscheidend für die Zukunft der mobilen Mikroskopie wird auch sein, dass auch die Installation von Apps eine gewisse Hürde für die Benutzer bedeutet. Die Zukunft wird das direkte Starten der Software über eine Website sein – ohne Installation!

Annotationen als zentraler Bestandteil

Ein wichtiges Element der virtuellen Mikroskopie sind die Annotationen, die unbedingt bei der virtuellen Mikroskopie Bestandteil sein sollten. Sie enthalten sehr wichtige Informationen und machen erst die „Lehre“ aus, mit der der Lernende mehr über das Präparat und die Erforschung des Präparats erfahren kann.

Das folgende Bild zeigt ein Beispiel verschiedener Annotationen. Sie können z. B. in Form von Stecknadeln sein oder auch von ganzen Flächen (z. B. Polygonen, Flächen, etc).


Annotationen sind wichtiger Bestandteil bei Systemen der virtuellen Mikroskopie. Hier Beispiele mit Stecknadeln und gelben Polygonen, die die Lehrtexte enthalten.

 

Quizfunktion

Eine Quizfunktion wird oft von den Studenten gewünscht. Sie ist recht einfach zu entwickeln, allerdings muss zwingend ein Lehrender mit Erfahrung in Didaktik die Entwicklung überwachen, da rein von Informatikern entwickelte Quizfunktionen oft nicht die Anforderungen der Lehre treffen.

Verfügbarkeit und Service

Stellen Sie sich folgende Situation vor: Sie haben als Lehrender Ihre Website für ePathology oder eBiology professionell vorbereitet, haben Ihren Studenten Zugang gegeben, so dass diese für die Prüfungen lernen können und zwei Tage vor der Prüfung versagt der Server oder der Service seinen Dienst. Sie können sich die Mailflut Ihrer Studenten vorstellen! Da Ihre Studenten im Prinzip Ihre Kunden sind, ist es wichtig Ihnen Service zu bieten, nämlich dauerhafte Verfügbarkeit der virtuellen Mikroskopie und Hilfe bei technischen Problemen („Ich kann mich in die Website nicht einloggen“).

Um eine dauerhafte Verfügbarkeit mit einer Ausfallwahrscheinlichkeit von unter 5 Minuten pro Jahr zu bieten, brauchen Sie mindestens zwei Server, die gespiegelt sind. Der eine Server übernimmt im Falle des Versagens vom ersten Server (dies ist ein sogenanntes „Fail-over System“). Um zu verhindern, dass viele Benutzer mit gleichzeitigen Zugriffen Ihren Dienst reduzieren, ist eine Verteilung der Last auf mehrere Server empfehlenswert, z. B. durch ein „Round-Robin“-System. Was Sie also benötigen, ist ein DNS-Server, der die Anfragen der Benutzer hinsichtlich der Last verteilt.

Viele Großfirmen verlagern daher mehr und mehr ihre Ressourcen in die Cloud zu Diensten von Amazon (Amazon Web Services) und Microsoft (Windows Azure) und ähnliche Lösungen, da diese Dienste eine hohe Verfügbarkeit haben und zusätzlich in allen Erdregionen schnelle Anbindungen anbieten. Die Smart Zoom Technologie verfügt über eine solche moderne Cloud-Lösung, so dass sich die Lehrenden nicht um hohe Offline-Zeiten ihrer virtuellen Mikroskopie sorgen müssen, sondern sich mit voller Kraft auf ihre Kernkompetenz konzentrieren können – die phantastische Lehre der Mikroskopie.